29.10.2015

Die Zukunft unter Strom.

Die Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin Dr. Alexandra Hildebrandt erklärt in Ihrem Fachbeitrag, wie die Entwicklung neuer Technologien unser Leben verändert und warum die Energiewende einen entscheidenden "Stupser" benötigt.

Die Wirtschaftspsychologin Dr. Alexandra Hildebrandt (Bild) beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit dem Thema Nachhaltigkeit. Dazu veröffentlichte Sie bereits verschiedenste Publikationen.

Die Energiewende ist eines der größten und anspruchsvollsten Infrastrukturprojekte seit der industriellen Produktion. Zu den Herausforderungen, die Unternehmen heute bewältigen müssen, gehören steigende Kosten für Energie und Ressourcen, ein international uneinheitliches regulatorisches Umfeld, die Gefahr der Abwanderung von ressourcenintensiven Industrien in Volkswirtschaften mit niedrigeren Energie- und Ressourcenkosten, aber auch Engpässe bei strategisch wichtigen Rohstoffen. 

Schwarmintelligent kooperieren

Zu den Vorreitern des umfassenden Systemwandels, der mit der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik verbunden ist, gehört auch der deutsche Verfahrenstechniker und Chemiker Michael Braungart, dem es um den Blick auf die nachhaltige Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette in ihrer Komplexität geht, die mit einem kompetenten Umgang mit Open-Source-Technologien in schwarmintelligenter Kooperation verbunden ist.

Energie wird nicht mehr zentral, sondern in Zukunft dezentral produziert.

Der Frage, warum so viele Strategien scheitern, widmete sich bereits der Biochemiker, Systemforscher und Umweltexperte Frederic Vester, der vor einer Kapitulation vor der Komplexität warnte. Er empfahl, komplexen Herausforderungen grundsätzlich mit komplexen Herangehensweisen zu begegnen.

Das gilt in besonderer Weise auch für die Energiebranche, denn Energie wird nicht mehr zentral, sondern in Zukunft dezentral produziert. Dabei müssen Speichermöglichkeiten eingeplant und der Stromverbrauch intelligent reduziert und so organisiert werden, dass bisherige Spitzenlasten abflachen.

Verteilsysteme, die früher analog und isoliert waren, werden vor allem von der Digitalisierung geprägt sein, die neue Formen der Beteiligung hervorbringt und nicht mehr aufzuhalten ist in einer ständig vernetzten Welt. Sie führt dazu, dass unser Leben immer individueller organisiert (und Kritikern zufolge immer mehr fremdgesteuert und fremdbestimmt) wird. Für den Energiebereich bedeutet das ein steigendes Angebot persönlich zugeschnittener Lösungen.

So kündigte der US-amerikanische Unternehmer Elon Musk, der überall in den USA Solaranlagen verkauft und die Unternehmen Tesla Motors,  SpaceX und Solar City führt, im Sommer 2015  „Powerwall“ an: eine große und günstige Lithium-Ionen-Batterie, die an Hauswänden installiert wird und erstmals Energie für jedermann speicherbar macht, denn bislang war es schwierig, Strom, der aus Solar- und Windanlagen kommt, zu speichern.

Matthias Krieger, Geschäftsführender Gesellschafter der Krieger + Schramm GmbH & Co. KG, entwickelte die Vision eines Hauses, das mehr Energie produziert als die Bewohner verbrauchen. Ziel war es, beim Kunden die Energiewende in einem integrativen Ansatz mit Elektromobilität zu kombinieren. Neben der Technischen Universität München waren auch SMA und BMW sowie Stiebel Eltron Forschungspartner.

Sonnenenergie wird in nutzbare Energie umgewandelt und dann zur Verfügung gestellt, wenn sie gebraucht wird. Besonders interessant ist das für die Nutzung von E-Mobilität. Das Besondere ist die optimale Abstimmung einzelner innovativer, aber bewährter Komponenten und die Kommunikation zwischen ihnen. So ermöglicht das Dyna-Energie-Management-System (DEMS) den Austausch von Informationen durch den SMA Homemanager mit den einzelnen Verbrauchern. Dabei wird auch die Wettervorhersage berücksichtigt.

Mithilfe der Informations- und Kommunikationstechnik lassen sich Stromfresser auch via Smartphone aufspüren. Das intelligente Stromnetz (Smart Grid) soll die Energieversorgung demokratisieren, steckt aber noch in den Anfängen und ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Smart Meter informieren Energieversorger, wie viel Strom die Verbraucher konsumieren. Die Geräte melden nicht nur den aktuellen Verbrauch, sondern helfen Haushalten auch darin, Strom zu sparen, indem sie den aktuellen Konsum transparent machen.

Warum die Energiewende „Stupser“ braucht

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie als gesellschaftliches Projekt für den Einzelnen fassbar wird, mit dem Bewusstsein der Eigenverantwortung einhergeht, welchen Dienst oder Apps bzw. Websites man nutzen möchte und generell mit einer Änderung des eigenen Verhaltens verbunden ist. Ein „Stups“ reicht manchmal aus, um eine Entscheidung in die richtige Richtung zu führen. Im Englischen heißt diese Strategie „nudging“ („Anstupsen“), die zu Verhaltensänderungen ohne Druck führen soll. Bekannt wurde sie durch das gleichnamige Buch „Nudge“ (2008) des Ökonomen Richard Thaler von der Universität Chicago und der Harvard-Jurist Cass Sustein.  

Auch wenn dieser Ansatz im politischen Kontext zuweilen auch als „politischer Paternalismus im neuen Gewand“ (Miriam Meckel) kritisiert wird und mit der Forderung nach informationeller Selbstbestimmung des mündigen Bürgers einhergeht – Nachhaltigkeitsthemen brauchen in vielen Bereichen Übersetzungsarbeit und Stupser, weil es häufig an emotionalen Zugängen fehlt.  

"Die Energiewende geht nur mit einer Veränderung unseres eigenen Verhaltens einher."

Auf sanftes Einwirken auf die Psyche setzt vor allem die Werbebranche, die sich gern guter Geschichten bedient, weil sie eine werthaltige Gestaltungskraft haben. Doch um Menschen auf glaubwürdige Weise zu erreichen, braucht es beides: Stupser und überzeugende Argumente, warum ein bestimmtes Verhalten richtig und erstrebenswert ist, um selbst urteilsfähig zu sein und Entscheidungen treffen zu können.

Ein Beispiel dafür ist der aktuelle memolife Katalog (für Privatkunden) des Ökoversenders memo AG, der nicht nur Produkte enthält, die zum verantwortungsbewussten Konsum beitragen, sondern auch praxisorientierte Tipps zu einem nachhaltigen Lebensstil. Dazu gehören u. a. Hinweise gegen Lebensmittelverschwendung, zur fairen Verwertung, Informationen zum Einkaufen und Kochen, zu Gesundheit und Wohlbefinden, zum ökologischen Reisen, zu Lifestyle- und Outdoorthemen – vor allem aber auch zum Energiesparen. Am Ende des Kataloges werden die wichtigsten Umweltzeichen und Label vorgestellt, die die Einhaltung strenger ökologischer und sozialer Richtlinien belegen und für Verbraucher ein wichtiger Wegweiser zu nachhaltig guten Produkten sind.

Der unauffällige Stupser ist hier mit drei Botschaften verbunden: dass es keinen erhobenen Zeigefinger braucht, um Dinge zu verändern, dass das Machbare immer vor uns liegt und wir den Weg zu mehr Nachhaltigkeit nur in kleinen Schritten gehen können. So wie es der Straßenkehrer Beppo in Michael Endes Märchenroman „Momo" sagt: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken... Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."

Die Energiewende als gesellschaftliches Projekt ist nur dann möglich, wenn es für den Einzelnen fassbar wird und fragmentierte Debatten, Sichtweisen und Interessenlagen zusammengeführt werden. Sie geht aber auch mit einer Änderung unseres eigenen Verhaltens einher. So muss die Eigenverantwortung gestärkt werden und das Bewusstsein dafür, dass unbefriedigende Situationen durch gezielte Maßnahmen vor Ort und geeignete politische Rahmenbedingungen geändert werden können.


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