24.09.2015

Wie intelligentes Energiemanagement die Einspeisung in das öffentliche Netz verhindert.

Die Einspeisung von Energie aus der heimischen PV Anlage in das öffentliche Netz ist unwirtschaftlich. In einem Gastbeitrag erklärt Claudia Hemmerle von der TU München, wie man mit einem intelligenten Energiemanagement die produzierte Energie auch selbst verbraucht.

Bild: Beispielhafter Tagesverlauf der Solarstromerzeugung und der steuerbaren elektrischen Verbraucher im Dynahaus.

Noch vor zehn Jahren kannte die Solarstromerzeugung auf dem Eigenheim nur ein Ziel: die vollständige Einspeisung in das öffentliche Stromnetz, um mit der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung von damals mehr als 50 Cent pro Kilowattstunde die Anschaffungskosten für die Photovoltaikanlage zu refinanzieren. Heute sind die Anlagenpreise so niedrig, dass eine Kilowattstunde Solarstrom nur noch rund 12 Cent pro Kilowattstunde kostet und damit deutlich weniger als der Strom aus dem öffentlichen Netz für private Haushalte.

Somit lohnt es sich finanziell, den selbst erzeugten Solarstrom auch selbst zu verbrauchen. Im typischen Einfamilienhaushalt gelingt das nur zum Teil, weil der Stromverbrauch morgens und abends am größten ist, während Sonnenenergie hauptsächlich mittags zur Verfügung steht. Zudem schwankt das solare Angebot zwischen Winter und Sommer. Über das Jahr lassen sich deswegen üblicherwei­se nur etwa 30 bis 35 % des Solarstroms direkt im Gebäude nutzen. Der Rest wird als Überschuss ins öffentliche Netz eingespeist und in Zeiten mit zu geringer Solarstromerzeugung wieder aus dem Netz „zurückgeholt“. So liefert die Photovoltaikanlage in der Jahressumme zwar ebenso viel Strom, wie eine Familie verbraucht, macht den Haushalt aber nur zu etwa 20 bis 30 % wirklich unabhängig vom Stromnetz.

"Die Kombination aus energieeffizientem Gebäude und hoher Leistung der Photovoltaikanlage bringt die Jahresenergiebilanz des Dynahauses ins Plus."

Im Dynahaus liegen diese Quoten weitaus höher, denn der Solarstrom wird hier auch für die Heizung und Trinkwassererwärmung genutzt. Dadurch erhöht sich der Anteil des selbst genutzten Solarstroms. Darüber hinaus werden Überschüsse in einer Batterie zwischengelagert, die den gespeicherten Solarstrom rund um die Uhr bereitstellt. Dadurch steigt die Unabhängigkeit vom Stromnetz. Die Kombination aus energieeffizientem Gebäude und hoher Leistung der Photovoltaikanlage bringt die Jahresenergiebilanz des Dynahauses ins Plus.

Für eine optimale Solarstromnutzung im praktischen Betrieb sorgt das Energiemanagementsystem. Es verschiebt beispielsweise das Einschalten von Geschirrspüler, Waschmaschine und Trockner möglichst auf Zeitpunkte mit Solarstromüberschuss. Die Bewohner des Dynahauses geben dabei vor, wann das jeweilige Haushaltsgerät die anliegende Aufgabe erledigt haben muss. Weil das System sämtliche Energieflüsse im Dynahaus kennt und mit Hilfe von Wetterprognosen den Energiehaushalt vorausschauend plant, kann es auch die Stromspeicherung so organisieren, dass insgesamt möglichst wenig ungenutzter Solarstrom zum niedrigen Vergütungssatz eingespeist und möglichst wenig Fehlbedarf durch teuren Netzstrom gedeckt wird.

Im Idealfall fließt das Energieplus aus dem Dynahaus jedoch nicht ins Netz, sondern vor Ort ins eigene Elektromobil: mit emissionsarm erzeugtem Ladestrom ist Elektromobilität tatsächlich ökologisch sinnvoll und der Ladestrom aus der eigenen Solaranlage obendrein kostengünstig. Die Einbindung der Fahrzeugladung mit den spezifischen Nutzerbedürfnissen stellt eine neue Aufgabe für das Energiemanagementsystem dar. Auch das Elektromobil muss nicht immer sofort wieder geladen werden, sobald es an der Ladestation ankommt. Wenn die Nutzer geplante Fahrten im System speichern, zum Beispiel über eine Smartphone-App, kann das Energiemanagement im Gesamt-Energiehaushalt ein günstiges Ladezeitfenster auswählen, das genügend Reichweite für die nächste Fahrt gewährleistet.

In einem aktuellen Forschungsprojekt „eMOBILie“ entwickelt die TU München mit den Industriepartnern BMW Group und SMA Solar Technology AG ein integriertes Energiemanagementsystem, das Eigenheim und eigenes Elektromobil intelligent verknüpft und optimal steuert. Dabei soll der Energieeinsatz nicht von einer übergeordneten Steuerung geplant werden, sondern Haushaltsgeräte, Heizung und Elektroauto handeln gleichberechtigt untereinander aus, wie der aktuell anstehende Energiebedarf optimal bedient werden kann. Durch die steuerungstechnische Verknüpfung zu einem energetischen Gesamtsystem „Wohngebäude und Elektromobil“ lässt sich außerdem die Energieeffizienz weiter steigern.

Derzeit wird die Entwicklung in einem Dynahaus Testhaus über ein Jahr praktisch erprobt. Der Praxistest soll zeigen, in welchem Ausmaß der Solarstrom vom Dach selbst verbraucht werden kann und das Gebäude plus Elektromobil unabhängig von Stromnetz und Tankstelle versorgt. Von wissenschaftlichem Interesse sind auch die Erfahrungen, wie die Nutzer mit den smarten Technologien im Wohn- und Mobilitätsalltag umgehen.

Das Dynahaus-Testhaus setzt in kleinem Maßstab bereits heute die Funktionalitäten eines zukünftigen Smart Grids um. Anhand der praxisbezogenen Erkenntnisse und eines parallelen Feldversuchs in einem Parkhaus untersucht das Forschungsprojekt im nächsten Schritt Smart Grids im großen Maßstab auf Potenziale zur energieautarken Energieversorgung von Wohngebäuden und Elektromobilität.


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